12.09.2005
HSBC: Corporate Bonds – Marktbericht September 2005
Köln, den 12.09.2005 (Investmentfonds.de) - Rückblick
Der August präsentierte sich an den europäischen Zinsmärkten als relativ volatiler Monat.
Standen noch zu Beginn des Monats die in den USA außerhalb des Agrarsektors besser
als erwartet ausgefallenen Arbeitsmarktdaten im Investorenfokus, was dazu führte, dass
sich die Anleihekurse auf Talfahrt begaben und die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen
auf 3,377% anstieg, so konzentrierte man sich im weiteren Monatsverlauf trotz weiterer
positiver fundamentaler Wirtschaftsdaten dies- und jenseits des Atlantiks vor allem auf
den stetigen Anstieg der Ölpreise, die von Rekordhoch zu Rekordhoch eilten. Die damit
verbundenen Befürchtungen für den weiteren Konjunkturverlauf ließen die Anleihekurse
wieder kräftig ansteigen und führten dazu, dass die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen
zum Monatsende auf 3,102% sank. In diesem Umfeld mussten sich europäische
Investment Grade Unternehmensanleihen (Merrill Lynch EMU Corporate Index) mit einer
Performance von 0,81% gegenüber europäischen Staatsanleihen (JPM EMU Sovereign
Index) mit einem Zuwachs von 1,35% geschlagen geben. Underperformer waren die
Unternehmensanleihen des europäischen High Yield Segments (Merrill Lynch Euro High
Yield Index) mit einer Monatsperformance von 0,67%.
Ausblick
Zu Beginn des Monats September setzte sich der Trend zu niedrigeren Zinsen an den
europäischen Anleihemärkten zunächst weiter fort und erreichte am 5. September bei
3,043% Rendite für zehnjährige Bundesanleihen ein neues Verlaufstief. Verantwortlich
hierfür waren neben der Naturkatastrophe im Süden der USA und dem damit verbundenen
Anstieg der Ölpreise auf über 70 USD/Barrel auch die enttäuschenden US-Wirtschaftsdaten.
So wuchs das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal statt der erwarteten 3,4%
nur um 3,3% und die Ausgaben der amerikanischen Konsumenten lagen angesichts der
gestiegen Energiepreise mit einem Anstieg von 3,0% weit unterhalb der geschätzten 3,4%
für die Monate April bis Juni. Negativ war auch der geringer als erwartet ausgefallene
Anstieg der Einkommen (0,3% versus 0,5%) sowie der Bauausgaben im Juli (0,0% versus
0,5%). Nicht zuletzt lagen die Vorlaufindikatoren des Chicago Purchasing Manager Index
(49,2 versus 61,0 erwartet) sowie für das verarbeitende Gewerbe (des Institute for Supply
Management, ISM) mit 53,6 versus erwarteten 57,0 unterhalb der Erwartungen und
schürten somit Befürchtungen für eine weitere Abschwächung der Konjunktur in den
kommenden Monaten.
Eine Abschwächung gab es im August auch beim Autoabsatz in den USA. Die SAAR-Zahl
(seasonally adjusted annnual rate) lag mit 16,8 Millionen verkauften Einheiten unterhalb
der Erwartungen von 17,1 Millionen Einheiten. Hier zeigte sich, dass die von General
Motors „angezettelten“ und von Ford und Chrysler „kopierten“ Mitarbeiterrabatte für
externe Kunden inzwischen angesichts weiter steigender Ölpreise ihren Reiz zu verlieren
scheinen. So musste General Motors gegenüber dem Vorjahresmonat einen Rückgang
des Absatzes um knapp 16% hinnehmen, während Ford (+2,2%) und Chrysler (+1%)
leichte Anstiege verzeichnen konnten. Auch wenn man mit den Mitarbeiterrabatt-Aktionen
inzwischen die Lagerbestände bei den Händlern auf knapp 56 Verkaufstage bei GM, 59
Tage bei Ford und 69 Tage bei Chrysler drücken konnte, dürfte es den Unternehmen in
den kommenden Monaten schwer fallen, das Kundeninteresse in diesem Maße aufrechtzuerhalten.
In den ersten Tagen des Monats nahm das Übernahmekarussell im westeuropäischen
Versorgerbereich Fahrt auf. So bestätigte der größte deutsche Versorger, die Düsseldorfer
E.ON, am 5. September die bereits länger herrschenden Gerüchte, dass man derzeit die
Möglichkeit einer Übernahme des schottischen Energieversorgers Scottish Power prüfe,
wobei ein entsprechendes Übernahmeangebot voraussichtlich gegen Barzahlung erfolgen
würde. Obwohl man über knapp 15 Milliarden Euro an Barmitteln verfügt, erscheint uns
eine Übernahme des mit etwa 10 Milliarden Pfund bewerteten Energieversorgers zwar
strategisch sinnvoll (man würde hierdurch zum führenden Versorger in UK aufsteigen), der
dafür zu bezahlende Preis jedoch zu hoch. Bei erfolgreicher Umsetzung dürfte dies dazu
führen, dass das Rating von E.ON bei Moody`s und Standard&Poor`s jeweils um eine
Ratingstufe gesenkt wird. Danach wäre das Unternehmen mit einem stabilen A+-Rating
versehen, was mit den bisher kommunizierten Ratingzielen des Unternehmens in Einklang
steht.
Ebenfalls am 5. September unterbreitete der spanische Gasversorger Gas Natural den
Aktionären des größten spanischen Elektrizitätsversorgers Endesa im Rahmen einer
feindlichen Übernahme ein Angebot von 21,3 Euro je Aktie, wodurch Endesa mit
insgesamt 22,5 Milliarden Euro bewertet wird. Mit dem erfolgreichen Abschluss der
Transaktion, die für die neue Einheit große Synergieeffekte bietet, würde Gas
Natural/Endesa zum größten spanischen Versorger und zum drittgrößten Versorger
weltweit aufsteigen. Zugleich kündigte Gas Natural Veräußerungen von Unternehmensteilen
der neuen Entität im Gesamtwert von sieben bis neuen Milliarden Euro an, wobei
hier der zweitgrößte spanische Versorger Iberdrola als potentieller Käufer genannt wurde.
Während die Übernahme dazu führen dürfte, dass Anleihehalter von Gas Natural eine
Ratingverschlechterung von zwei Ratingstufen bei S&P (derzeit A+) und einer Ratingstufe
bei Moody`s (derzeit A2) hinnehmen müssen, bliebe das Profil bei Endesa mit einer
Herabstufung bei S&P (derzeit A) um eine Ratingeinheit weitestgehend unverändert, da
Moody`s den Titel bereits mit A3 bewertet. Iberdrola könnte hingegen bei S&P eine
Herabstufung seines Ratings von A+ um mindestens eine Ratingeinheit erfahren und bei
Moody`s (A2) um eine Ratingstufe.
Neuemissionsseitig dürften die nächsten Tage und Wochen recht aktiv werden. Einen
ersten Vorgeschmack hierfür boten bereits die Neuemissionen dieser Woche, die vom
Markt in der Regel recht gut aufgenommen wurden. So emittierte General Electric eine mit
AAA/AA1(e)-Rating versehene dreißigjährige Nachranganleihe mit einem Volumen von
750 Millionen Euro (bei zwei Milliarden Euro Nachfrage) und einem Renditeaufschlag von
51bp gegenüber Midswaps (Kupon 4.125%), die sich gleich nach der Emission um drei
Basispunkte einengen konnte. Im langen Laufzeitensegment kündigte der französische
Technologieanbieter Thomson eine 500 Millionen Euro große mit BBB-/Baa3 versehene
und nach 10 Jahren kündbare Nachranganleihe (Hybridanleihe) an, die von Moody`s mit
50% auf das Eigenkapital angerechnet wird und im Laufe der nächsten Woche am Markt
platziert werden soll.
In den nächsten Tagen und Wochen wird sich zeigen müssen, inwieweit die derzeit
positive Stimmung an den europäischen Unternehmensanleihenmärkten angesichts
vorsichtigerer Aussichten für den weiteren Konjunkturverlauf aufgrund der gestiegenen
Rohstoffkosten und weiterhin nur begrenzter Preisüberwälzungsspielräume der Unternehmen
weiterhin Bestand haben kann. Dies gilt umso mehr, als dass die Zunahme
der Releveraging-Aktivitäten der Unternehmen durch M&A-Aktivitäten auf mittlere Frist
weiter an Fahrt gewinnen dürfte. Auch wenn wir derzeit keine kräftigeren
Spreadausweitungen (>10bp auf Investment Grade Indexebene) für möglich erachten,
muss die Neuemissionspipeline und die dabei auftretende Nachfrage genauestens
beobachtet werden, um von herauslaufenden Spreads begleitete Stimmungsumschwünge
rechtzeitig erkennen zu können.
Quelle: Investmentfonds.de