03.07.2006
Zinspolitik: RZB sieht keine schärfere Gangart
Köln, den 03.07.2006 (Investmentfonds.de) - Die Rahmenbedingungen haben sich in
den letzten Wochen kaum geändert: Nach wie vor prägen Äusserungen von Notenbank-
Repräsentanten in den USA und Europa die Medien und weiterhin liegt die Betonung
auf den Inflationsgefahren im Vordergrund. Zinssteigerungen werden dabei implizit
oder offen angekündigt, schreibt RZB Chefanalyst Brezinschek anlässlich der
Zinsentscheidung der Federal Reserve in einer aktuellen Analyse.
Doch die Finanzmärkte reagierten zuletzt nicht mehr ganz so aufgeschreckt auf
jedes Interview, so Brezinschek. Der Gewöhnungseffekt habe eingesetzt und daher
hätten fast alle Aktienmärkte die erwartete Erholungsphase realisiert. Daran
habe auch die Zinsentscheidung der Federal Reserve (Leitzins von 5,0 auf 5,25
Prozent) im Prinzip nicht viel geändert. Es sei daher durchaus wahrscheinlich,
dass auch in den nächsten Tagen gewisse Erleichterung herrschen wird, weil es
keine Hinweise zu einer noch schärferen Gangart in der Geldpolitik gibt. Daher
rechne man damit, dass die Renten- wie Aktienmärkte global ihre Kursanstiege
fortsetzen würden. Dies gelte im Wesentlichen auch für die stark unter die Räder
gekommenen Emerging Markets, insbesondere in Osteuropa. Dort erwarte man
überproportionale Kursgewinne. Mehr Vorsicht gelte weiterhin bei der Türkei,
da die Währung anhaltend labil bleibe.
Die US-Notenbank lässt sich die Option offen, weitere Zinsschritte zu setzen.
Ebenso machen die EZB-Vertreter mit scharfen Tönen aufmerksam, dass die Märkte
auch mit einer beschleunigten Zinsanhebung rechnen müssen. Damit steige die
Gefahr, dass vor den nächsten wichtigen Terminen (EZB-Ratssitzungen am 3. und
31. August und FED-Offenmarktkomitee am 8. August) neuerlich Besorgnis die
Märkte erfassen wird. Mitte Juli ist auch der Start der Berichtssaison der
Unternehmen über das zweite Quartal mit Schätzungen zum weiteren Geschäftsverlauf
2006. Dies könnte mehr skeptische Töne hervorbringen als in der Vergangenheit.
Der in den letzten Jahren positive Überraschungseffekt könnte diesmal durch
„Dissonanzen“ zwischen Unternehmens- und Analystensicht bei diversen
Gesellschaften auffallen.
Trotz der in den kommenden Tagen anhaltenden Kurssteigerung gäbe man daher noch
keine endgültige Entwarnung, denn die Zinsspirale in den USA könne bei schlechter
Datenlage, z.B. weiter anziehenden Verbraucher- und Produzentenpreisen im Juli
und August, erneut als Rute ins „Notenbank“-Fenster gestellt werden.
Für all jene, die ab Mitte Juni unter kurzfristigen Tradingaspekten gekauft haben,
könnten sich bei starkem Anziehen der Aktienkurse in den nächsten vierzehn Tagen
Gewinnmitnahmen anbieten, meint Brezinschek. Jene langfristigen Investoren, die die
ersten 25 Prozent ihres Gesamtbetrages in dieser Kursschwäche veranlagt haben,
sollten allerdings mit weiterem Positionsaufbau noch zuwarten. So sähe man während
der Berichtssaison ab Mitte Juli gute Chancen auf neuerlich tiefere Kurse.
Brezinschek attestiert den Bereichen Energie, Finanz(dienstleister), defensiver
Konsum, Gesundheit und Grundstoffe die größten Chancen. Zyklischer Konsum, Versorger,
Informationstechnologie und Telekom würde er kurzfristig in Stärke umschichten/
verkaufen. Füe empfehlenswert hält er: OMV, Andritz, Böhler Uddeholm, SBO, Allianz,
UBS, Novartis, Bayer, Altria, Johnson&Johnson und SAP.
Quelle: Investmentfonds.de