Fidelity Marktkommentar: Türkei muss dringend Reformen umsetzen
Paul Greer, Fondsmanager für Schwellenländer bei Fidelity International
Köln, den 14.08.2018 (Investmentfonds.de) - Reformen sind unausweichlich,
um Abwärtsspirale aufzuhalten -
Hilfe vom Internationalen Währungsfonds hilfreich,
aber nicht unbedingt notwendig
Die Türkei befindet sich in einer ausgewachsenen Währungskrise.
Die Behörden, die für die Wirtschaft und die Finanzen des Landes
verantwortlich sind, scheinen die Kontrolle über ihre Währung
verloren zu haben. Die Rhetorik der vergangenen Tage hat einen
Mangel an Verantwortung erkennen lassen, die Krise zu lösen.
Kurzfristig wird erwartet, dass sich die Inflation in Richtung
von 20 Prozent bewegt. Das zeigt, wie unangemessen der Zinssatz
der Zentralbank von 17,75 Prozent wirklich ist. Die Märkte haben
mit ihren Füßen abgestimmt und die ausländischen Geldgeber ziehen
nun ihre Gelder aus dem Land ab – genau das Gegenteil von dem,
was die Türkei jetzt braucht, wenn man an ihre instabile
Zahlungsbilanz denkt.
Während die grundlegenden Herausforderungen der Türkei
zahlreich sind, gibt es viele einfache Lehrbuchlösungen,
die die Abwärtsspirale des Anlegervertrauens und der Vermögenspreise
aufhalten können.
-Eine aggressive Zinserhöhung der Zentralbank von etwa +1.000
Basispunkten wäre ein guter Anfang. Dies würde die Konjunktur
zwar verlangsamen. Doch das könnte die unaufhörliche Nachfrage
nach Importen eindämmen und das Problem des Leistungsbilanzdefizits
abmildern.
-Nützlich wären auch strukturelle Reformen, die zu einer Ausweitung
der verarbeitenden Industrie und des Exportsektors führen.
So würde die türkische Wirtschaft besser diversifiziert, weg von
Konsum und Bautätigkeit.
-Die heiklen diplomatischen Beziehungen der Türkei zum Westen,
insbesondere zu den USA, müssen angegangen werden.
-Finanzpolitische Sparmaßnahmen wären auch willkommen,
besonders wenn man an die hohe Schuldenlast des Privatsektors
denkt. Weitere nützliche Maßnahmen sind Steuerreformen, um mehr
Steuern einzunehmen, die Sparquote des Landes zu erhöhen, sich
klar zur Unabhängigkeit der Zentralbank zu bekennen sowie den
Arbeitsmarkt zunehmend zu flexibilisieren.
-Kapitalkontrollen allein sind angesichts der sehr offenen
Wirtschaft der Türkei und der hohen externen Finanzierungsanforderungen
keine angemessene Lösung.
-Externe Finanzhilfen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) oder
wohlhabenden bilateralen Partnern wären wünschenswert, aber nicht
notwendig, sofern die Türkei angemessen auf die Realitäten der
Märkte reagieren würde.
Insgesamt hat die Wirtschaft der Türkei viele ausgleichende Faktoren.
Dazu gehören ein starker Fokus auf die Wirtschaft, eine günstige
Demographie, eine gebildete Bevölkerung und ein gut kapitalisiertes
Bankensystem. Die Lösungen zur jüngsten Krise sind eigentlich
offensichtlich, aber die Frage ist, ob die Regierung gewillt ist,
die Maßnahmen anzugehen.
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