Die globale Corona-Pandemie stellt Wirtschaft und Finanzmärkte vor historische Herausforderungen. Die Unsicherheit hat die Volatilität im März sowohl an den Aktien- als auch an den Anleihenmärkten auf ein Niveau wie vor 12 Jahren, während der Finanzkrise, steigen lassen. ">
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08.04.2020:
J.P. Morgan AM: "Der Blick nach China zeigt, was wir wirtschaftlich von COVID-19 zu erwarten haben"
Köln, den 08.04.2020 (Investmentfonds.de) -
Tilmann Galler, Executive Director, CEFA/CFA,
Kapitalmarktstratege J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt
Bei aller Unsicherheit:
Die Corona-Krise ist eine temporäre Krise
China liefert Erkenntnisse zu
wesentlichen Fragen
Kurs-Buchwert-Verhältnis von DAX und
Schwellenländern auf Niveau vergangener Krisen
Frankfurt, 8. April 2020 -
Die globale Corona-Pandemie stellt Wirtschaft
und Finanzmärkte vor historische Herausforderungen.
Die Unsicherheit hat die Volatilität im März sowohl
an den Aktien- als auch an den Anleihenmärkten auf
ein Niveau wie vor 12 Jahren, während der Finanzkrise,
steigen lassen. Der amerikanische Aktienmarkt
verzeichnete den schnellsten Kurssturz von einem
Allzeithoch der Nachkriegsgeschichte. Allein im März
gab es im S&P 500 13 Tage mit Veränderungen von über
4 Prozent im Tagesverlauf. Zum Vergleich: In den
letzten 5 Kalenderjahren gab es gerade einmal zwei
solcher Tage. Nach Ansicht von Tilmann Galler,
Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management
in Frankfurt, lohnt ein Blick dorthin, wo COVID-19
als erstes zuschlug: "China ist uns bei der
Bewältigung der Krise ein bis zwei Monate voraus und
liefert sehr gutes Anschauungsmaterial, was wir
wirtschaftlich noch zu erwarten haben."
Chinesische Erfahrungswerte nutzen
Zwei Fragen stellen sich derzeit im Besonderen:
Erstens, wie lange dauert die Krise und wie
gravierend sind ihre wirtschaftlichen Folgen?
Und zweitens, ob die Corona-Krise nach dem Crash
im März nun bereits vollständig eingepreist ist.
Die Antwort zur ersten Frage hängt laut Tilmann Galler
einerseits von der Medizin ab und wie schnell es
gelingt, einen Impfstoff, ein wirksames Medikament oder
einen zuverlässigen Schnelltest zu entwickeln.
Andererseits gilt es seiner Meinung nach zu beobachten,
wie erfolgreich die fiskalischen und monetären Hilfspakete
die drei wirtschaftlichen Schocks absorbieren können, die
durch die inzwischen global verordneten Maßnahmen zur
Einschränkung der sozialen Kontakte ausgelöst wurden:
"Die globale Wirtschaft muss nun fast gleichzeitige Schocks
verdauen: einen Angebotsschock, einen Nachfrageschock und
einen Liquiditätsschock - das macht diese Krise so
einzigartig und gefährlich", ist der Experte überzeugt.
Ein Blick nach China sei in der aktuellen Situation
aufschlussreich, weil das Land schon einige Wochen länger
mit der Krise zu kämpfen hat und es entsprechend für
verschiedene Bereiche schon Erfahrungswerte gibt. So
führte der Ausbruch der Corona-Krise in den ersten beiden
Monaten des Jahres zu einem Rückgang der chinesischen
Industrieproduktion von 13,5 Prozent im Vorjahresvergleich.
Die Einzelhandelsumsätze sind sogar um 20,5 Prozent gefallen.
"Besonders von der Krise betroffen ist aber der
Dienstleistungssektor - Hotellerie, Konzertveranstalter und
Kinobetreiber mussten Umsatzrückgänge zwischen 78 und 96
Prozent hinnehmen. Das Problem ist nun für viele Unternehmen,
dass die Umsätze einbrechen, aber die Fixkosten bleiben",
stellt Tilmann Galler fest. Und das Liquiditätspolster vieler
betroffener kleiner und mittelständischer Unternehmen sei
relativ dünn. Eine Umfrage in China kam zum Ergebnis, dass
bei rund zwei Drittel der Unternehmen die Liquidität für
maximal zwei Monate reicht. "So führt der Angebots- und
Nachfrageschock fast zwangsläufig zu Liquiditätsengpässen
auf dem Finanzierungsmarkt, weil Unternehmen zur
Liquiditätsbeschaffung ihre Kreditlinien ziehen oder es zu
Kreditausfällen kommt", sagt Galler.
Diese wirtschaftlichen Dynamiken seien seit Implementierung
der Eindämmungsmaßnahmen nun auch in Europa und den USA zu
beobachten. Aus diesem Grund hätten die Notenbanken weltweit
die Liquiditätsschleusen in einem nie dagewesenen Ausmaß
geöffnet und die Regierungen weltweit haben erhebliche
Fiskalprogramme verabschiedet, um den betroffenen Unternehmen
zu helfen, über die Schocks hinwegzukommen.
Corona-Krise ist eine temporäre Krise
China und inzwischen auch Südkorea lieferten aber auch
Anschauungsmaterial zum Weg aus der Krise. Neben rigorosen
Maßnahmen zur Einschränkung sozialer Kontakte haben ausgeprägte
Tests zur Eindämmung der Epidemie beigetragen. Die Lockerung der
Quarantänemaßnahmen und die Normalisierung der Wirtschaft haben
in diesen Ländern wieder begonnen, unterstützt durch weitere
Konjunkturpakete.
"Das sollte uns bei der aktuell schlechten Nachrichtenlage vor
Augen führen, dass die Corona-Krise eine temporäre Krise ist.
Für Unternehmen bedeutet das, dass in diesem Jahr die Gewinne
aufgrund der globalen Rezession zwischen 20 und 30 Prozent
fallen werden, doch für die Bewertung von Unternehmen spielt
es eine viel größere Rolle, was in den Jahren danach passieren
wird", erklärt Tilmann Galler. Und hier sollte man sich den
Optimismus nicht nehmen lassen, dass sich nach dem Überwinden
der Krise die Ertragslage wieder deutlich verbessern werde.
Das Kurs-Buchwert-Verhältnis zyklischer Märkte hat
Krisenniveau erreicht
Einen guten Hinweis darauf, dass nach den kräftigen Kursverlusten
inzwischen Krisenbewertungen an den Aktienmärkten Einzug gehalten
haben, gibt nach Analyse von Tilmann Galler der Blick auf das
Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV): "Zyklische Märkte wie der DAX oder
auch Schwellenländer-Aktien haben inzwischen ein KBV auf dem
Niveau vergangener Krisen. Der Mut, in solchen schwierigen Zeiten
Positionen zu halten oder gar aufzubauen, wurde nach den Erfahrungen
der letzten drei Jahrzehnte auf mittel- bis langfristige Sicht mit
überdurchschnittlichen Erträgen belohnt. Den Pessimisten mögen die
aktuellen Schlagzeilen gehören - den Optimisten gehört jedoch die
Zukunft", sagt Galler.
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