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Investmentfonds.de
19.08.2022:
J.P. Morgan AM: Zeit, sich für den "Konjunktur-Hungerast" zu wappnen
Köln, den 19.08.2022 (Investmentfonds.de) -
Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei
J.P. Morgan Asset Management
Zeit, sich für den "Konjunktur-Hungerast" zu wappnen
Nachfrageausweitung führte zu Überhitzung der Wirtschaft
Überschussersparnisse sind aufgebraucht - nun droht Konsumverzicht
Tiefe Rezession nicht unwahrscheinlich - wie können Anlegerinnen
und Anleger sich rüsten?
Frankfurt, 19. August 2022 - Die Leichtathletik-Europameisterschaft
"European Championships Munich 2022" begeistert aktuell mit beeindruckenden
Leistungen der Athletinnen und Athleten. Bei den Langstreckendisziplinen
ist die besondere Herausforderung, einen "Hungerast" zu vermeiden - so wird
ein durch das Aufzehren der körpereigenen Kohlenhydratreserven verursachter
plötzlicher Leistungseinbruch bezeichnet, wenn man sich die Kräfte nicht
richtig einteilt und zu schnell durchstartet. Nach Ansicht von Tilmann Galler,
Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, droht genau dies auch
dem aktuellen Wirtschaftszyklus. Denn es scheint, dass die Konjunktur in
diesem Jahr dem hohen Anfangstempo – die Wirtschaft ist im letzten Jahr
mit 5,8 Prozent global so schnell gewachsen wie seit 1973 nicht mehr -
Tribut zollen muss. Wird die Konjunkturkurve tatsächlich einen jähen
Einbruch erfahren? Und was bedeutet es für Anlageportfolios?
Nachfrageausweitung führte zu Überhitzung der Wirtschaft
Nach Analyse von Tilmann Galler hat die rasante Nachfrageausweitung der letzten
18 Monate zu einer Überhitzung der Wirtschaft geführt. Hinzu kamen exogene
Schocks auf der Angebotsseite, wie der Krieg in der Ukraine und Omikron in
China. Ein unzureichendes Angebot und eine hohe Nachfrage haben die Inflation
inzwischen auf das Niveau von 1981 katapultiert.
"Für die Verbraucherstimmung, insbesondere in Europa, ist die jüngste Entwicklung
ein Desaster - und Besserung ist nicht in Sicht. Denn es ist zudem zu erwarten,
dass die gestiegenen Einkaufspreise für Gas und Energie nach der Sommerpause zu
Preiserhöhungen führen werden, die es in diesem Ausmaß in den letzten vier
Jahrzehnten nicht gegeben hat", sagt Ökonom Galler. Einem durchschnittlichen
Haushalt in Deutschland kann ein Anstieg der jährlichen Ausgaben für Strom und
Gas von mehr als 4.000 Euro im Vergleich zu 2020 drohen. Der Anteil der
Energiekosten am verfügbaren Einkommen würde sich damit von 4,7 Prozent auf
16,4 Prozent erhöhen. In den anderen großen Volkswirtschaften des Kontinents
ist die Lage ähnlich besorgniserregend. "Das bedeutet letztendlich, dass
zukünftig jeder Haushalt deutlich weniger Geld für Konsumausgaben haben wird",
erklärt Galler.
Nicht minder bedenklich ist die Entwicklung bei den Nahrungsmittelpreisen.
Der Krieg in der Ukraine beeinträchtigt nicht nur die Getreide- und Speiseöl-
exporte aus der Region, sondern auch die Ausfuhr von Düngemitteln aufgrund der
Sanktionen. Russland ist mit einem Weltmarktanteil zwischen 8 und 16 Prozent
einer der größten Produzenten und der Preis für Ammonium, der Basis für
Kunstdünger, hat sich innerhalb eines Jahres mehr als versechsfacht. Dies
dürfte in Kombination mit der Hitzewelle und Trockenheit in weiten Teilen
Europas und im Südwesten der USA im Herbst zu einem weiteren Anstieg der
Lebensmittelpreise führen.
Grafik: Hochrechnung Strom- und Gasrechnung der Haushalte in Europa
In EUR; Prozent des verfügbaren Einkommens (2020)
Quelle: Bloomberg, Jeffries, OECD, LTM: Durchschnitt der letzten 12 Monate.
J.P. Morgan Asset Management Stand der Daten: 14. Juli 2022.
Überschussersparnisse sind aufgebraucht - nun droht Konsumverzicht
Sollte es in den kommenden Monaten nicht zu erheblichen Lohnsteigerungen oder
staatlichen Unterstützungsmaßnahmen kommen, wird sich nach Dafürhalten von
Tilman Galler das Konsumverhalten signifikant verändern, denn die Überschuss-
ersparnisse der Pandemie sind langsam aufgebraucht. Laut der jüngsten Umfrage
von A.C. Nielsen in den USA rund um die Veränderung der Kaufabsichten der
Konsumenten in den nächsten zwölf Monaten, erwarten die amerikanischen
Konsumenten bereits, zukünftig mehr vom Einkommen für Energieversorgung und
Lebensmittel aufwenden zu müssen. So bleibt deutlich weniger Geld für
Restaurants, Kleidung, Freizeit- und Baumarktartikel oder Technologie. Der
Konsum als wichtigste Stütze der Konjunktur verliert entsprechend an Kraft.
Tiefe Rezession nicht unwahrscheinlich
Für Europa kommt die anhaltende Energieunsicherheit hinzu. "Gelingt es nicht,
in den kommenden Monaten die Gasspeicher signifikant zu füllen, kann es im
schlimmsten Fall im ersten Quartal 2023 zu Gasrationierung und Produktions-
ausfällen in der Industrie kommen. Eine tiefe Rezession wäre die unweigerliche
Folge davon", erklärt Galler.
Der Experte hat aber auch eine Idee, wie Anlegerinnen und Anleger ihre
Portfolios für diesen Wirtschaftseinbruch wappnen können: "Nach dem Zinsanstieg
im ersten Halbjahr bieten die Renditen von langlaufenden Anleihen mit hoher
Qualität sowohl bei Staats- als auch bei Unternehmensanleihen nun wieder
attraktivere Ertragschancen. Und ebenso wie es für Leistungssportler heißt zu
‚trinken bevor der Durst kommt‘, um einem Hungerast vorzubeugen, bietet es sich
für Anlegerinnen und Anleger an, auf langlaufende hochwertige Anleihen zu
setzen, bevor die Rezession kommt", so Tilmann Gallers aktuelles Fazit.
Ende der Nachricht
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